Übung und Meisterschaft

Wenn ich mit Pferden oder mit Menschen arbeite oder zusammen bin, dann interessiert mich der Moment. Nicht das, was trainiert ist, das, was erlernt ist oder das, was konditioniert ist. Rein der Moment. Der Moment aus dem wir gehen. Gehen als Inbegriff des Seins oder Tuns. Je nachdem, was geschieht, was gerade dran ist.

Die Frage nach dem: Können wir das WasAuchImmer ohne Übung realisieren? Treffen wir uns in Balance in unserer Entscheidung?

Das zieht sich durch mein Leben, glaub ich. Üben ist nichts für mich. Da bin ich zu faul. Da hab ich keine Energie für. Das lähmt mich und macht mich träge. Jedenfalls dann, wenn es mit anderen Lebewesen zu tun hat. Dann beschleicht mich das Gefühl ich verfälschte den Moment. Ich verfälsche den Moment durch die Übung. Durch die Wiederholung.

Aber auch das ist eine Frage der Einstellung. Ich kann ja auch ganz anders drauf schauen. Jeden Übungsmoment als Moment an sich betrachten. Einfach als Moment des Erfahrens. Erfahren ohne Erwartungen und ohne Ziel. Oder eben mit der Erwartung kein Ziel zu verfolgen oder mit dem Ziel keine Erwartung zu kreieren.

Oder ich habe ein hinderliches Bild von der Art des Übens? Üben ist für mich etwas stupides, monotones, das Selbe immer und immer wieder zu wiederholen. Die Gleiche Leier immer wieder von vorne, und dann an den Details feilen und so weiter und so fort.

Aber auch darin kann Zauber liegen, denn trotz der scheinbaren Stupidität hat jede Wiederholung doch etwas Einmaliges für sich. Etwas Einzigartiges. Jeder Moment ist einmalig und einzigartig.

Und Meisterschaft? Wodurch werde ich zum Meister? Wirklich durch die Stupidität der Wiederholung? Weil das WasAuchImmer dann besser sitzt? Der Song sich leichter spielt, das Pferd gelöster läuft, die Lektion genauer abläuft, etc? Weil ich es ein paar Mal öfter gemacht habe? Oder vielleicht, weil ich es jedes Mal neu erfahren habe? Weil jeder Wiederholungsmoment für sich eine einzigartige Erfahrung ist und ich mir dessen gewahr bin. Weil ich jeden Wiederholungsmoment völlig offen betrete und ihn aus einem anderen Blickwinkel als den vorherigen betrachte.

Weil ich mir darüber bewusst werde oder bin, dass es eigentlich keine Wiederholung gibt? Dass Wiederholung ein Mythos ist?

Vielleicht.

 

Diesen Text findest du auch in meinem Buch „Jeder Tag Gedankentanz“