Schnee

Der Schnee macht mich still. Er schenkt Ruhe und Frieden. Fährt die Anspannung aus meinen Zellen, lässt mich mich genauer fühlen, lässt die Sanftheit wieder zu. Es ist nicht meine Aufgabe mit dir über meine Sanftheit zu diskutieren oder mich zu rechtfertigen. Es ist meine Aufgabe meine Sanftheit zu erwähnen, zu zeigen und dich gegebenenfalls an deine zu erinnern. Es ist vielleicht mein Ansinnen deine Sanftheit zu wecken, dadurch, dass ich von meiner erzähle. Und doch gibt es eigentlich nichts zu sagen.

Denn Sanftheit ist irgendwie still. Oder?
Der Schnee schenkt mir genau das. Stille. Und diese Stille führt mich näher zu mir. Diese Näher erzeugt wieder Sanftheit. Und so geht das ewig weiter.

Wenn die Flocken vom Himmel fallen folge ich mit meinem Blick, versuche sie einzufangen, versuche zu sehen, wie jede einzelne zu Boden schwebt und sich langsam legt. Ich versuche diese Stille in der Bewegung einzufangen und in meinen Zellen abzuspeichern. Ausatmen.

In meinen Zellen ist Müdigkeit. Diese Müdigkeit durchzieht gerade alles. Mein ganzes Dasein. Ich bin müde und immer wenn mir das so sehr bewusst wird habe ich unbändige Lust zu schreiben. Könnte es sein, dass diese Müdigkeit ein Geschenk ist?

Meine Tochter sagte heute beim Frühstück: Mama, man kann immer in allem das Geschenk sehen. Wie recht sie hat. Wie großartig.

Diese Müdigkeit macht also Lust zu schreiben. Wie schön. Vielleicht kommt sie sogar davon, dass ich das Schreiben zurück halte? Kann sein, kann aber auch nicht sein. Ist auch unerheblich im Moment. Denn jetzt sitze ich ja, heilsamerweise, und schreibe. Ich liebe es.

Carry Bradshaw und ihr Laptop hatten entscheidenden Einfluss auf meine Sicht des Lebens. Ich fand das immer unheimlich sexy, wie sie da so saß mit ihrem Kaffe, ihrer Kippe und dem Laptop, die Beine angezogen, allein in ihrem Appartement. Denkend, schreibend. Das wollte ich auch. Sexy übrigens nicht im eigentlichen Sinne, eher anziehend für mich, so als Lebensentwurf. New York ist es also nicht geworden, es bleibt zu Hause, aber Couch, Laptop, Kaffee, das klappt schon hervorragend. Kippe lass ich weg, das will man ja nicht mehr. Kolumne in einer Zeitung über Sex. Nicht. Blog auf einer Website über Gefühle und Weltsicht, ja. Unbezahlt, sowieso. Na gut, aber immerhin, ich schreibe, wann immer ich Lust habe. Ich nenne das Erfolg. Durchaus!

Die Flocken fallen immer noch. So sanft, so schön. Ich mag das so sehr.

Wenn ich still werde, bis in die Zellen, in meinen tiefsten Tiefen, dann erwacht doch wieder Lebenslust, dann erwacht etwas, das lange versteckt. Ein tiefer Atemzug, fühle das. Fühl mal zutiefst nach, was es ist. Was hast du versteckt? Was versuchtest du nicht zu sein, mit aller Kraft und warum? Was wolltest du verstecken? Ich versuche zu sein, was ich nicht bin. Ich versuche zu verstecken, was ich wirklich bin, weil ich glaube es ist zu viel für dich. Es ist zu viel um es dir zuzumuten. Dabei hast du doch im Grund gar keinen Einfluss auf mich und ich nicht auf dich. Obwohl wir verbunden sind und aus dem selben gemacht.

Weil es meine Aufgabe ist, ganz ich zu sein. Und deine ist es ganz du zu sein. Und es gehört nicht dazu mich zu verbiegen, um dich herum zu schlingen oder etwas zu tun, das ich nicht will, nur weil du es willst. Nein, das gehört so nicht.

Und mal ganz abgesehen davon scheint es Teil meines ewigen Prozesses zu sein mich immer und immer wieder daran zu erinnern. Genau daran, eben nicht nach etwas Vorgegebenem zu suchen, sondern ganz meines zu tun. Ganz mein Erleben zu erleben und eben nicht das deine. Eben nicht das, was du für mich für gut befindest. Sondern nur meines.

#friendlyreminder