Erleuchtung oder Selbstverleugnung?

Je mehr ich von Erleuchtung spreche, oder mir einbilde selbige erreicht zu haben, desto mehr Anteile meiner selbst verleugne ich. So kommt es mir vor. Besser gesagt, desto mehr verleugne ich mich selbst, überhaupt, also im Ganzen. Meine Ganzheit, meine Essenz, mein Wesen und mein (Pseudo)Ich.

Je mehr ich mich bemühe ganz zu sein, desto mehr scheine ich zu zerfallen. Je mehr ich mich bemühe „gut“ zu sein, desto „böser“ scheine ich zu werden. Je mehr ich versuche ein gutes Beispiel zu geben, desto überzogener wird alles.

Ich sei der Schöpfer meiner eigenen Realität. So sagen wie. „Du bist alles, was du siehst und du bist nichts von alledem.“* Alles, was du siehst fließt durch dein System. Und entsteht durch selbiges. Du erschaffst deine Bilder in deinem Geiste. Du erschaffst die Vorstellung und die Erwartung in deinem Kopf. Und du glaubst du trägst sie im Herzen.

Aber ist das so? Kannst du mit Sicherheit sagen, dass das wahr ist? Und ist die Vorstellung wirklich das, was du erwartest?

Ist es nicht übernommen? Habe ich nicht einfach Bilder und Vorstellungen kopiert? Mir zu eigen gemacht und so getan, als wären es meine? Ja, das habe ich. Das ist völlig normal, eventuell wahrscheinlich. Wie sonst sollten wir unsere Realität erschaffen, wenn nicht zunächst über die Kopie der anderen Realitäten?

Und dann beginnt die Trennung der Spreu vom Weizen? Dann prüfe ich all das und versuche heraus zu finden, was stimmig ist für mich und was nicht. Manches passt, manches sogar sehr gut. Anderes erscheint mir völlig schwachsinnig. Sinnlos. Und ich gäbe es gerne ab. Wenn es denn ginge.

Aber wie werde ich sie denn nun los, diese festgefahrenen Dinger? Muster, Konditionen, Gedanken, Gefühle, Wahrheiten, etc.? Und es geht noch weiter, wie kann ich unterscheiden, was tatsächlich nützlich ist und was ich mir nur einbilde was nützlich sei? Und: Wenn ich mir einbilde, ich hätte bereits alles abgegeben und trotzdem ist so vieles davon noch da und steuert mich unterbewusst, gar unterschwellig? Tut so, als wäre es nicht da?

Oder zeugt das wieder von einer versteckten Opferrolle?

Vielleicht geht es auch gar nicht um s loswerden. Vielleicht geht es tatsächlich darum, sie zu integrieren, diese Teile. Gut und schön. Nur, wenn ich glaube, sie seien nicht da, wie soll ich sie dann aufspüren, um sie zu integrieren, auszulöschen, was auch immer? Also wen soll ich dann wohin integrieren?

Vielleicht ist dann aber auch einfach niemand da. Also nichts. Nirgends.
Vielleicht ist das nur wieder die Suche nach dem Ding, das mich aufhält zu blühen.

Das Ding, das mich davon abhält mein Alles zu geben. Auf s Ganze zu gehen.
Wirklich ganz und gar da zu sein. Opferrolle eben. Ich kann nicht, weil …
Es geht nicht, weil … ich muss erst … Egogeschichte.

Ist es tatsächlich das Ego das mich davon abhält? Das mir immer wieder dieselben Geschichten erzählt? Ist es tatsächlich so schlau und listig, dass es mich so täuscht, so dass ich glaube, was es mir erzählt sei die Wahrheit.

Ich glaube das einfach alles? Ich glaube, in mir sei so viel Schatten und in mir sei so viel aufgestaute Wut. Ich glaube das einfach, weil ich es gelesen habe, weil ich gelesen habe, dass es den anderen auch so geht. Weil ich gelesen habe, dass andere auch schon dachten sie seien „drüber weg“ und waren es nicht.

Aber was, wenn all das totaler Quatsch ist? Was wenn es mir eben nicht so geht?
Was, wenn ich einfach meine Zeit brauche, meinen Raum, meinen Bereich.
Wenn ich meinen Tanz tanze, wie ich ihn eben tanze.
Was, wenn das einfach okay sein kann?

Und selbst wenn das wieder die Egogeschichte ist, ist sie dann nicht angenehmer als die andere? Bin ich dann nicht frei zu entscheiden, welche ich glauben mag?

Wer täuscht dann jetzt hier wen, wann und wozu?

Und ist Täuschung dann vielleicht ein und dasselbe wie Erleuchtung?

Diese Zerreißprobe macht mich wahnsinnig – vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Je nachdem, wie ich s drehe.

Manchmal glaube ich zu zerspringen. Manchmal glaube ich dieses ewige Abwägen bringt mich um den Verstand. Und ich wünschte, es würde aufhören. Ich wünschte, ich wäre einmal klar. Einfach völlig klar. Ohne vorher oder währenddessen immer dieses Spielchen mit dem klar werden zu spielen.

Und doch wird mir jetzt gerade klar: das eine ohne das andere funktioniert nicht, läuft nicht. Ich kann mir nicht klar werden ohne das Spiel zu spielen. Und ich spiele das Spiel nicht ohne mir (vorher?) klar zu sein, was dabei raus kommt. Zwar weiß ich nicht den genauen Ausgang (glaube ich, erzähl ich mir, denn wer wäre ich zu wissen, was kommt … ) aber ich weiß dass Energie frei gesetzt werden wird.

Ich bin das Spiel. Ich bin die Erleuchtung und die Täuschung. Das Ego und das wahre Selbst.

Ich bin die Zerreißprobe. Ich bin die Energie die das Leben ins Rollen bringt.

(* aus Käptn Peng’s: OHA)